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Patientenverfügung erstellen - Was Sie regeln sollten

Patientenverfügung richtig formulieren: Welche Situationen, welche Behandlungen? Rechtssicher und für Ärzte verbindlich. Mit Muster-Vorlage 2026.

Redaktion Vorlagen-Zentrale

Fachredaktion

15. Januar 202610 Min. Lesezeit

Was ist eine Patientenverfügung?

Eine Patientenverfügung ist eine schriftliche Willenserklärung, in der Sie festlegen, welche medizinischen Behandlungen Sie wünschen oder ablehnen, falls Sie selbst nicht mehr entscheidungsfähig sind.

Rechtliche Grundlage

Seit 2009 ist die Patientenverfügung in §1827 BGB (früher §1901a) gesetzlich geregelt:

"Eine schriftliche Patientenverfügung ist verbindlich, wenn sie auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutrifft."

Wichtige Eigenschaften

  • Schriftform erforderlich: Muss eigenhändig unterschrieben sein
  • Keine Altersgrenze: Ab Volljährigkeit möglich
  • Jederzeit widerrufbar: Auch mündlich oder durch Gesten
  • Unbefristete Gültigkeit: Gilt, bis Sie sie widerrufen
  • Bindend für Ärzte: Bei klarer Formulierung

Was die Patientenverfügung NICHT ist

  • Keine Sterbehilfe-Erklärung (aktive Sterbehilfe bleibt verboten)
  • Kein Testament (regelt keine Erbschaft)
  • Keine Vorsorgevollmacht (regelt keine Stellvertretung)
  • Kein Organspendeausweis (separates Dokument)

Warum ist eine Patientenverfügung wichtig?

Ohne Patientenverfügung müssen Ärzte und Angehörige in Ihrem Sinne entscheiden - oft unter großem Druck und Unsicherheit.

Typische Szenarien ohne Patientenverfügung

  1. Unfall mit Koma: Soll die künstliche Beatmung fortgesetzt werden?
  2. Schwerer Schlaganfall: Lebensverlängernde Maßnahmen ja/nein?
  3. Demenz im Endstadium: Künstliche Ernährung bei Schluckstörung?
  4. Herzstillstand: Wiederbelebung mit möglichen Folgeschäden?

Die Belastung für Angehörige

Ohne klare Verfügung müssen Ihre Liebsten:

  • Im Krankenhaus unter Zeitdruck entscheiden
  • Möglicherweise unterschiedliche Meinungen koordinieren
  • Mit Schuldgefühlen leben: "War es richtig?"
  • Eventuell gerichtliche Genehmigung einholen

Statistiken zur Patientenverfügung

  • Ca. 45% der Deutschen haben eine Patientenverfügung
  • 70% davon sind zu ungenau formuliert
  • 90% der Ärzte halten eine Verfügung für wichtig
  • Nur 30% der Verfügungen wurden mit einem Arzt besprochen

Mit Patientenverfügung

✓ Ihre Wünsche sind klar dokumentiert ✓ Angehörige werden entlastet ✓ Ärzte haben eine rechtliche Grundlage ✓ Keine Überbehandlung gegen Ihren Willen ✓ Mehr Sicherheit für alle Beteiligten

Welche Situationen sollten Sie regeln?

Eine wirksame Patientenverfügung beschreibt konkrete Situationen, für die sie gelten soll.

Häufig geregelte Situationen

1. Unmittelbarer Sterbeprozess

  • Letzte Lebensphase einer unheilbaren Erkrankung
  • Stunden bis wenige Tage bis zum Tod
  • Fokus auf Schmerzlinderung und Würde

2. Dauerhaft bewusstlos (Wachkoma)

  • Schwere Hirnschädigung ohne Bewusstseinszeichen
  • Keine Chance auf Wiedererlangung des Bewusstseins
  • Frage der Weiterbehandlung über Monate/Jahre

3. Schwerste Demenz im Endstadium

  • Keine Kommunikation mehr möglich
  • Vollständige Pflegebedürftigkeit
  • Kein Erkennen von Angehörigen

4. Andere schwere Gehirnschädigungen

  • Nach Schlaganfall mit schweren Folgen
  • Nach Unfall mit irreversiblen Schäden
  • Schwere psychiatrische Erkrankungen

Konkrete Formulierungen

Statt: "Wenn mein Zustand aussichtslos ist..."

Besser: "Wenn ich mich nach ärztlicher Einschätzung unabwendbar im unmittelbaren Sterbeprozess befinde, auch wenn der Todeszeitpunkt noch nicht absehbar ist..."

Tipp: Ärztliche Beratung

Besprechen Sie die Situationen mit Ihrem Hausarzt:

  • Medizinische Fachbegriffe klären
  • Realistische Szenarien verstehen
  • Individuelle Gesundheitsrisiken berücksichtigen

Welche Behandlungen können Sie festlegen?

Für jede Situation können Sie einzelne Behandlungen wünschen oder ablehnen:

Lebenserhaltende Maßnahmen

MaßnahmeWünschenAblehnen
Wiederbelebung (Reanimation)
Künstliche Beatmung
Künstliche Ernährung (Magensonde)
Künstliche Flüssigkeitszufuhr
Dialyse (Blutwäsche)
Antibiotika bei Infektionen
Bluttransfusionen

Palliative Maßnahmen (Linderung)

Diese sollten Sie in der Regel wünschen:

  • Schmerzbekämpfung (auch wenn lebensverkürzend)
  • Linderung von Atemnot
  • Linderung von Übelkeit
  • Pflege und menschliche Zuwendung
  • Stillung von Hunger und Durst (natürlich)

Wichtige Unterscheidung

Passive Sterbehilfe (erlaubt):

  • Verzicht auf lebensverlängernde Maßnahmen
  • Behandlungsabbruch auf Wunsch

Indirekte Sterbehilfe (erlaubt):

  • Schmerzbehandlung, auch wenn sie Leben verkürzt

Aktive Sterbehilfe (verboten):

  • Gezielte Tötung (auch auf Verlangen)

Spezielle Situationen

  • Organspende: Separate Erklärung (Organspendeausweis)
  • Schwangerschaft: Besondere Regelung möglich
  • Religiöse Überzeugungen: Können berücksichtigt werden

Formulierungen, die Ärzte verstehen

Je präziser Ihre Formulierungen, desto besser können Ärzte Ihren Willen umsetzen.

Problematische Formulierungen

❌ "Wenn alles aussichtslos ist..." → Wann ist "alles" aussichtslos?

❌ "Keine lebenserhaltenden Maßnahmen..." → Ist Schmerzmedikation lebenserhaltend?

❌ "In Würde sterben..." → Was bedeutet Würde konkret?

❌ "Keine sinnlosen Behandlungen..." → Was ist sinnlos aus Ihrer Sicht?

Bessere Formulierungen

Situation konkret beschreiben: "Wenn ich nach ärztlicher Einschätzung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit trotz Ausschöpfung aller medizinischen Möglichkeiten das Bewusstsein niemals wiedererlangen werde..."

Maßnahme konkret benennen: "...wünsche ich, dass eine bereits eingeleitete künstliche Beatmung eingestellt wird."

Schmerz- und Symptomlinderung: "Ich wünsche ausdrücklich eine fachgerechte Schmerz- und Symptombehandlung, selbst wenn diese als Nebenwirkung mein Leben verkürzen könnte."

Medizinische Fachbegriffe

Laien-BegriffFachbegriff
MagensondePEG-Sonde (perkutane endoskopische Gastrostomie)
WiederbelebungKardiopulmonale Reanimation (CPR)
BlutwäscheDialyse / Hämodialyse
BeatmungsgerätMaschinelle Beatmung / Respirator
Ernährung über VeneParenterale Ernährung

Ist die Patientenverfügung für Ärzte bindend?

Ja, grundsätzlich ist eine Patientenverfügung verbindlich - aber nur unter bestimmten Voraussetzungen.

Voraussetzungen für Verbindlichkeit

  1. Schriftform: Muss schriftlich vorliegen und unterschrieben sein
  2. Einwilligungsfähigkeit: Bei Erstellung muss man einwilligungsfähig gewesen sein
  3. Konkrete Situation: Muss auf die aktuelle Situation zutreffen
  4. Kein Widerruf: Darf nicht widerrufen worden sein

Wann ist die Verfügung NICHT bindend?

  • Zu allgemein formuliert: "Keine Apparatemedizin" reicht nicht
  • Situation nicht erfasst: Verfügung trifft nicht auf aktuellen Fall zu
  • Anhaltspunkte für Sinneswandel: Neuere mündliche Äußerungen
  • Zweifel an Einwilligungsfähigkeit: Bei Erstellung

Was passiert bei Unklarheit?

  1. Bevollmächtigter prüft: Trifft die Verfügung zu?
  2. Arzt prüft: Medizinische Einordnung
  3. Bei Unstimmigkeit: Betreuungsgericht entscheidet
  4. Im Zweifel: Behandlung zunächst fortführen

Die Rolle des Bevollmächtigten

Deshalb ist eine Vorsorgevollmacht ergänzend so wichtig:

  • Der Bevollmächtigte kann die Verfügung auslegen
  • Er spricht mit Ärzten in Ihrem Sinne
  • Er setzt Ihren Willen durch, falls nötig

Strafrechtliche Absicherung

Ärzte, die sich an Ihre Verfügung halten:

  • Handeln nicht rechtswidrig
  • Begehen keine Straftat
  • Sind durch Ihren dokumentierten Willen geschützt

Wo sollten Sie die Verfügung aufbewahren?

Die beste Patientenverfügung nützt nichts, wenn sie im Notfall nicht gefunden wird.

Aufbewahrungsorte

Empfohlen:

  • Bei der bevollmächtigten Person
  • Zu Hause an bekanntem Ort
  • Im Portemonnaie (Hinweiskarte)
  • Beim Hausarzt (Kopie)

Nicht empfohlen:

  • Banksafe (nicht erreichbar im Notfall!)
  • Versteckte Orte
  • Nur digital auf dem Computer

Hinweiskärtchen

Tragen Sie eine Hinweiskarte im Portemonnaie:

"Ich habe eine Patientenverfügung. Aufbewahrungsort: [Adresse/Ort] Bevollmächtigt: [Name, Telefon] Hausarzt: [Name, Telefon]"

Digitale Registrierung

Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer:

  • Online: www.vorsorgeregister.de
  • Kosten: ca. 18,50 € (mit Patientenverfügung +3 €)
  • Krankenhäuser können Existenz prüfen

Gesundheitskarte (geplant):

  • Elektronische Patientenakte (ePA)
  • Patientenverfügung zukünftig hinterlegbar

Wer sollte informiert sein?

  • Bevollmächtigte Person
  • Enge Angehörige
  • Hausarzt
  • Ggf. Pflegedienst
  • Ggf. Pflegeheim

Regelmäßig aktualisieren

Eine Patientenverfügung sollte nicht einmal erstellt und dann vergessen werden.

Wann sollten Sie aktualisieren?

Regelmäßig (alle 1-2 Jahre):

  • Datum und Unterschrift erneuern
  • Zeigt: "Ich stehe weiterhin zu meinem Willen"
  • Erhöht die Akzeptanz bei Ärzten

Bei Änderungen:

  • Neue Diagnose / Erkrankung
  • Änderung der Lebensumstände
  • Andere Einstellung zu Leben und Sterben
  • Neue medizinische Möglichkeiten

Nach Lebensereignissen:

  • Heirat oder Scheidung
  • Geburt von Kindern
  • Tod des Bevollmächtigten
  • Religiöse Entwicklung

So aktualisieren Sie

Einfache Bestätigung:

"Ich bestätige hiermit meine Patientenverfügung vom [Datum]. Mein Wille hat sich nicht geändert."

[Ort, Datum, Unterschrift]

Änderung:

  • Am besten: Neue Verfügung erstellen
  • Alte Verfügung vernichten
  • Alle Kopienempfänger informieren

Widerruf

Sie können Ihre Verfügung jederzeit widerrufen:

  • Schriftlich oder mündlich
  • Auch durch eindeutige Gesten
  • Sogar bei eingeschränkter Geschäftsfähigkeit

Digitale Erinnerung

  • Kalendereintrag: "Patientenverfügung prüfen"
  • Jährlich zum Geburtstag
  • Bei wichtigen Arztterminen

Kombination mit Vorsorgevollmacht

Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht ergänzen sich ideal - wir empfehlen beide Dokumente.

Warum beide Dokumente?

Patientenverfügung allein:

  • Gilt nur für medizinische Entscheidungen
  • Keine Stellvertretung im Alltag
  • Auslegung bei Unklarheit schwierig

Vorsorgevollmacht allein:

  • Bevollmächtigter muss Ihren Willen erraten
  • Keine verbindliche Anweisung
  • Mehr Verantwortung beim Bevollmächtigten

Beide zusammen:

  • Patientenverfügung = Ihr Wille
  • Vorsorgevollmacht = Wer durchsetzt

So arbeiten sie zusammen

  1. Sie werden bewusstlos eingeliefert
  2. Krankenhaus prüft: Vorsorgevollmacht vorhanden?
  3. Bevollmächtigter wird informiert
  4. Arzt und Bevollmächtigter prüfen Patientenverfügung
  5. Trifft Situation zu? → Verfügung wird umgesetzt
  6. Trifft nicht zu? → Bevollmächtigter entscheidet in Ihrem Sinne

In der Patientenverfügung erwähnen

Verweisen Sie auf die Vorsorgevollmacht:

"Ergänzend zu dieser Patientenverfügung habe ich eine Vorsorgevollmacht zugunsten von [Name] erteilt, die auch Gesundheitsangelegenheiten umfasst."

In der Vorsorgevollmacht erwähnen

Verweisen Sie auf die Patientenverfügung:

"Bei Entscheidungen über medizinische Behandlungen ist meine Patientenverfügung vom [Datum] zu beachten."

Aufbewahrung zusammen

  • Beide Dokumente zusammen aufbewahren
  • Kopien an alle relevanten Stellen
  • Bevollmächtigter kennt beide Dokumente

Muster-Vorlage mit Erklärungen

Hier finden Sie eine Übersicht der wesentlichen Elemente einer Patientenverfügung:

Aufbau einer Patientenverfügung

1. Einleitung (Ihre Daten)

  • Vollständiger Name
  • Geburtsdatum
  • Adresse
  • Optional: Verweis auf Vorsorgevollmacht

2. Eingangsformel

"Für den Fall, dass ich meinen Willen nicht mehr bilden oder verständlich äußern kann, bestimme ich:"

3. Situationen beschreiben

  • Sterbeprozess
  • Dauerbewusstlosigkeit
  • Schwere Demenz im Endstadium
  • Weitere für Sie relevante Situationen

4. Behandlungswünsche Für jede Situation:

  • Lebenserhaltende Maßnahmen
  • Schmerz- und Symptombehandlung
  • Ort der Behandlung (Krankenhaus/Zuhause)

5. Wertvorstellungen

  • Was macht Ihr Leben lebenswert?
  • Religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen
  • Persönliche Grenzziehungen

6. Schlussformeln

  • Hinweis auf Organspende (falls gewünscht)
  • Bestätigung der Freiwilligkeit
  • Datum und eigenhändige Unterschrift

Kostenloser Generator

Mit unserem Patientenverfügungs-Generator erstellen Sie Ihr persönliches Dokument:

  1. Persönliche Daten eingeben
  2. Situationen auswählen
  3. Behandlungswünsche festlegen
  4. Werte formulieren
  5. PDF herunterladen

Checkliste nach dem Erstellen

  • Dokument sorgfältig durchlesen
  • Eigenhändig unterschreiben
  • Datum nicht vergessen
  • Mit Bevollmächtigtem besprechen
  • Hausarzt informieren
  • Kopien verteilen
  • Sicher aufbewahren
  • Hinweiskarte im Portemonnaie

Häufige Fragen zur Patientenverfügung

Muss eine Patientenverfügung notariell beglaubigt sein?

Nein. Eine Patientenverfügung ist auch ohne Notar gültig. Sie muss nur:

  • Schriftlich sein
  • Eigenhändig unterschrieben sein
  • Von einer einwilligungsfähigen Person stammen

Eine notarielle Beglaubigung kann aber die Akzeptanz erhöhen.

Was kostet eine Patientenverfügung?

VarianteKosten
Selbst erstellt (unser Generator)Kostenlos
Ärztliche Beratung30-80 €
Notarielle Beglaubigung20-50 €
RegistrierungCa. 3 € zusätzlich

Kann ich bestimmen, dass ich immer behandelt werden möchte?

Ja. Sie können auch festlegen:

  • "Ich möchte alle medizinisch sinnvollen Maßnahmen"
  • "Bitte unternehmen Sie alles, um mein Leben zu erhalten"

Gilt meine Verfügung auch bei Depressionen oder Suizidgedanken?

Eine Patientenverfügung gilt für körperliche Erkrankungen. Bei psychischen Krisen:

  • Ärzte müssen lebensrettend behandeln
  • Verfügung wird ggf. nicht angewendet
  • Separate psychiatrische Vorausverfügung möglich

Was ist mit Alzheimer/Demenz?

Sie können festlegen, was bei fortgeschrittener Demenz geschehen soll:

  • Ab welchem Stadium gilt die Verfügung?
  • Welche Behandlungen lehnen Sie ab?
  • Wichtig: Frühe Stadien sind oft noch erfülltes Leben!

Kann ich meine Meinung später ändern?

Ja, jederzeit. Selbst wenn Sie nicht mehr einwilligungsfähig sind:

  • Aktuelle Willensäußerungen haben Vorrang
  • Auch nonverbale Zeichen zählen
  • Bevollmächtigter muss dies beachten

Was passiert, wenn Arzt und Familie uneins sind?

  1. Bevollmächtigter entscheidet zunächst
  2. Arzt muss medizinisch beraten
  3. Bei Uneinigkeit: Betreuungsgericht
  4. Gericht prüft: Was wollte der Patient?